Digital Neigbourhood for Digital Immigrants?

„Heimat bist Du grosser Söhne und Töchter“ – so heisst es zwar in unserer Bundeshymne, trotzdem ist der Begriff Heimat für mich eher mit bitterem Geschmack konnotiert. Ich versuche mit diesem Beitrag für die Blogparade „Heimat Internet“ auf twentytwenty.at diese Bitterkeit zu analysieren.

Das mag einerseits daran liegen, dass in den 1970ern und 1980ern, der Zeit meiner primären Sozialisation, die Österreichische politische Dialektik zwischen der Internationalität und Weltoffenheit eines Bruno Kreisky im „urbanen“ und „Heimat-fremden“ Diskurs auf der einen Seite und den Reminiszenzen an einen ständischen Bauernstaat im ruralen Niederösterreich mit Unterstützung der Kirche auf der anderen Seite geführt wurde. Auf beiden Seiten mittels Rotwein im Doppler und Smart Export.

Wirklich? Nein, der zeithistorischen Literatur entnimmt man sicherlich anderes, aber in meinem Gedächtnis manifestiert sich diese Vergangenheit so, vielleicht auch aufgrund der Tatsache in eine durchaus politische Familie hineingeboren worden zu sein, die in jener Zeit wirklich engagiert war und in der Gemeinschaft mit anderen gleichgesinnnten auf lokaler Ebene wirklich viel gemacht und umgesetzt hat.

Heimat ist daher eines jener Unworte, die sich mir erst im vierten Lebensjahrzehnt ein wenig eröffnet haben. Heimat bringt bei mir einen rhetorischen Reflex zutage, ich denke sofort an „soziale Heimatpartei“, an „Heimatschutz“ oder „Heim(at)wehr“.

Nachbarschaft ist für mich der bessere Begriff, weil er auch intensiver auf die Menschen referenziert, als der Heimatbegriff
Meine Nachbarschaft: Nachbarschaft ist für das „Heimatgefühl“ aus meiner Sicht der bessere Begriff, weil er auch intensiver auf die Menschen referenziert, als der Heimatbegriff. Zudem gibt es keine historisch negativen Konnotationen.

Digital Neighbourhood, statt Heimat?

Ich würde daher in diesem Diskurs eher den Nachbarschaftsbegriff nahelegen, Neighbourhood – wie ihn auch Tom Waits so treffend besungen hat (von dem es zwei unterschiedliche deutsche Übersetzungen gibt, die ich beide durchaus schätze: Wolfgang Ambros, Josef Hader). Möglicherweise beschreiben diese beiden Begrifflichkeiten durchaus die selben soziokulturellen Phänomene, ich finde allerdings, dass die reflexive Moderne nach kleineren Einheiten verlangt und bevorzuge daher – nicht nur aufgrund der historischen Konnotation die Mikrovariante „Nachbarschaft“, die auch stärkere Wertewelten und Gefühle evoziert.

Neue Nachbarschaften entstehen erst durch das Netz

Die Netzwerkknoten in sozialen Netzen sind sicherlich ein mikokulturelles Netzwerk, gleich einem virtuellen Stammtisch, beim Branntweiner am Eck – vielleicht auch eher die Runde de KaffeetrinkerInnen und CremeschnittenvertilgerInnen bei der virtuellen Aida. Alles in allem passt aus meiner Sicht daher die antropologische These, dass die digitalen Netzwerke von den Kulturtechniken instrumentaisiert werden, um die selben Mechanismen zu etablieren, wie in Real Life: Sozialisation passiert nun auch online.

Ich denke es geht nicht nur um die Diaspora, bei denen natürlich virtuelle Netze ein kulturelles Netzwerk herstellen können, das so in Realiter nicht mehr existiert, sondern auch um neue Nachbarschaften (oder Heimaten), die es nur virtuell gibt. Egal ob das Treckies sind, die sich hier vernetzen, ob es die Netze der IT-Entwickler spezifischer Stämme (C, Perl, Typo3, PHP, …) oder die verschiedensten „usergroups“ sind, die sich bilden – hier hat man kulturelle Aggregationen, die erst durch den virtuellen sozialen Kitt entstehen konnten, durch die „Entkopplung von Raum und Zeit“

Heimat Internet?

Ja, in der Nachbarschaft fühle ich mich zu Hause, um eine der Fragen zur Blogparade zu beantworten, wenn ich im Sinne einer liquiden Demokratie oder Bürgerbeteiligung noch etwas zum Wording gefragt werde, würde ich mich für den Begriff der Nachbarschaft einsetzen. Wer ist da sonst noch dabei?

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