Verwaltungskosten bei NPOs

Das Thema Verwaltungskosten war bei der NPO-Blogparade im Februar/März Inhalt eines breiteren Diskurses.

Hauptproblem ist die – ich nenne sie einmal utilitaristische – Grund- oder viel besser Fehlannahme, lediglich die am Ziel- oder Projektort direkt eingesetzten Ressourcen würden das „Gute“ einer NPO ausmachen und die „Verwaltung“ wäre nur behindernd und würde Ressourcen verbrennen.

Die ersten Schwierigkeiten sehe ich schon bei der Definition. Sind Kontogebühren bei den Spendenkonten Verwaltungskosten, wie ist es mit Ausbildungskosten für humanitäre Helfer? Ist der Logistiker, der dafür zuständig ist, das Nahrungsmittelhilfe nach Äthiopien kommt, unter Verwaltungskosten zu subsummieren, oder der Fahrer des LKWs, der diese Hilfe zur Verteilung führt?

Wie es einer der Kommentare im oben zitierten Blog so treffend formuliert hat:

Die Verwaltungskosten interessieren mich bei einer Pizza nicht, weil ich beim Essen merke ob sie gut oder schlecht ist.

Leider funktioniert Altruismus so nicht. Man kauft – wenn man im ökonomistischen Paradigma bleiben will – ein „Vertrauensgut“, dessen Qualität man als Käufer im Normalfall nicht einschätzen kann. Die öffentlichen Diskussionen versuchten dann, wohl katalysiert durch den einen oder anderen (neo) liberalen Wirtschaftsjournalisten, als eine der Maßzahlen für die nicht direkt und sofort messbare Qualität den Begriff der Verwaltungskosten, also des Overheads, einzuführen, eine Kostruktion, die eigentlich aus der BWL kommt. Genau dort sind die Manager immer wieder auf der Suche nach „Gemeinkosten“, die es zu minimieren gilt.

So auch de. wikipedia.org zum Thema Verwaltungskosten: In der Kosten- und Leistungsrechnung können die Verwaltungskosten im Gegensatz zu Material- oder Produktionskosten nur auf Gemeinkostenstellen gebucht werden und müssen mittels Verrechnungsansätzen in der Zuschlagskalkulation auf Kostenträger entlastet werden. Dass auch diese Abgrenzung und Definition von Verwaltungskosten nicht eineindeutig ist, zeigt sich beispielsweise daran, dass nach § 255 besondere Verwaltungskosten bei den Herstellkosten aktivierungsfähig sind, sofern sie direkt in der oder für die Herstellung anfallen (Beispielsweise Material- und Werkzeugverwaltung, Lagerverwaltung). Gemäß IAS (IAS 2.13f. und IAS 16.15) müssen sogar bestimmte Kosten der Verwaltung, die direkt herstellungsbezogen sind, aktiviert werden.

Doch im Gegensatz zur BWL, wo man klar zwischen den Kosten für die Produkterstellung, den Vertrieb und den Gemeinkosten trennen kann, stellt sich im NPO-Management die Frage, ab wann beispielsweise Vertriebskosten (ein für den dritten Sektor geradezu obszönes Wort), also die Kosten für beispielsweise die Mittelbeschaffung oder das „Image“-Marketing nun klar dem Projekt oder der „Verwaltung“ zuzurechnen sind. Durch die inverse Logik – es gibt keine Preissignale, die Angebot- und Nachfrage steuern und damit zum Hauptinformationsträger und Steuerungsinstrument des Unternehmens werden, wird auch diese Art der Kostenrechnung obsolet.

Noch komplexer wird diese Argumentation, wenn man sich den Bereich Advocacy ansieht, wo es um die Verbreitung öffentlicher Anliegen geht, da gibt es nichteinmal mehr ein Hilfsgut oder eine Dienstleistung deren direkte Kosten man mit den anderen Gemeinkosten vergleichen kann. Wie hoch sind die Verwaltungskosten bei Amnesty? Das ist hierbei eine Frage, die so keinen Sinn mehr macht, schon gar nicht um die Qualität einer NPO zu messen, die mit ökonomistischen Indikatoren in kurzer Frist nicht meßbar ist.

Hinsichtlich dieser Evaluierung gefallen mir Konzepte wie Effektivität oder Effizienz besser, wie sie im (New) Public Management verwendet werden, einer Disziplin, die Hinsichtlich ihrer Steuerungskriterien leichter mit NPOs vergleichbar scheint, als dies gewinnorientierte Unternehmen sind.

3 Kommentare

  1. Lieber Redcross Sociologist,

    um den ja von mir ins Spiel gebrachte und zugegeben etwas sehr anschaulichen Pizzavergleich zu verteidigen hier eine kurze Anmerkung. Ich würde nämlich schon sagen, dass Altruismus so funktioniert, jedenfalls für mich und sicherlich auch noch andere Menschen.

    Ich spende nicht um mich für den Moment gut zu fühlen (na ja, wenn dann indirekt), sondern um möglichst viel Gutes zu tun, d.h. möglichst viele Menschen vom Hunger zu befreien, Regenwald zu retten, Übergriffe auf Minderheiten zu vermeiden, Menschen mit Behinderung ein erfüllteres Leben zu bieten… Diese Ziele sind für mich bei einer Spende das, was bei der Pizza der Geschmack ist und sollten daher bei einer Evaluierung die jeder Spendenentscheidung zugrunde liegen sollte ganz oben stehen (siehe dazu z.B. GiveWell). So kann nämlich vermieden werden, dass die Angelegenheit zu einem abstrakten Vertrauensgut mit ungewissem Ausgang verkommt. Da die Verwaltungskosten hierzu meines Wissens nach in keinem messbaren Zusammenhang stehen, sind sie in jeder Diskussion für oder wider einer Spende fehl am Platz, aber da sind wir uns ja scheinbar auch einig.

    Viele Grüße,

    Basti

  2. Hi Basti, ich hab‘ mich offenbar falsch ausgedrückt. Ich finde Deine Beschreibung ist mehr als treffend, weil ja genau diese fehlende Qualitätsparameter bei den Vertrauensgütern das Problem sind. Ob eine Pizza schmeckt, ob eine Seife Schmutz entfernt oder ein Fön warme Luft produziert ist klar und einsichtig, bei anderen Gütern ist es problematisch, weil man auf das Vertrauen auf den Lieferanten, den Erbringer dieser Leistung angewiesen ist.

  3. Na ja, ein bisschen Unsicherheit hat man immer, auch dem Sternekoch geht mal eine Kreation daneben und darauf, dass mein Mercedes in 10 Jahren wirklich noch fährt, gibt’s auch keine Garantie.

    Keine Frage, bei vielen sozialen Projekten ist die Unsicherheit noch größer, aber wenn man wirklich gewillt ist sich zu informieren sollten sich Organisationen finden lassen, bei denen die angestrebte Wirkung für das jeweilige Investment mit einiger Sicherheit erreicht wird.

    Worauf ich hinaus will ist, dass viele Spendenprojekte zwar defakto Vertrauensgüter sind, dass aber theoretisch nicht so sein müsste, wenn Evaluierung und damit einhergehende Konsequenzen ernster genommen würden (mehr Geld in nachweislich funktionierende Ansätze, weniger in offensichtliche Fehlschläge).

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