Freitag abend in Monrovia

Eigentlich sollte ich durchatmen. Ich habe in den letzten beiden Wochen 120 Stunden gearbeitet, Nachtschichten eingelegt, viele Menschen trainiert, Meetings besucht und versucht überall zu helfen wo es nötig war.

Heute war mein letzter Arbeitstag- also theoretisch zumindest. Am Wochenende haben wir frei- theoretisch zumindest.

Morgen ist um 11 Uhr das letzte Meeting mit der Leitung des Krankenhauses. Danach muss ich die Ergebnisse zusammenfassen und mein Handover- meine Übergabe vorbereiten.

Am Montag fliege ich dann wieder nach Europa zurück- nicht bevor ich bei uns eine Übergabe fertig gestellt habe, meine Ausrüstung wieder zurück gegeben habe und noch ein letztes Mal zu Mittag gegessen habe. Mama SUSU macht die besten Schwamas hier im Ort.

Nicht, dass es normal ist 60 Wochenstunden zu arbeiten, aber wir haben alles versucht, um die Eröffnung der Geburtenstation rechtzeitig zu schaffen UND es hat Spass gemacht. Ansonsten herrscht die 40 Stunden Woche wie sonst auch.

Ich nehme es vorweg: es geht sich nicht aus. Es heisst auf keinen Fall, dass das Projekt gescheitert ist, aber die Eröffnung wird erst 1 Woche später als geplant statt finden. Bis dahin werden wir viel erreicht haben:

  • Eine neue Triage (Hütte, wo eine Voruntersuchung, Temperaturmessung und Befragung statt findet) wurde errichtet,
  • ein kleiner Anbau wurde für Verdachtsfälle umgebaut,
  • 1 neue Grube für scharfe Gegenstände,
  • 1 Grube für Plazentas wird gebuddelt worden sein.
  • Wir haben 2 neue Ausgänge gebaut,
  • 100 Personen mehrfach im Umgang mit der Schutzausrüstung (PPE) geschult,
  • haben ein neues Müllsystem für potentiell infektiösen Abfall eigeführt,
  • haben die Geburtenstation in verschiedene Zonen mit verschiedenem Risiko eingeteilt,
  • haben mindestens 3 Löcher im Rohrsystem der Wasserleitung geflickt.
  • Eine kaputte Pumpe wurde ersetzt.
  • Das Leitungssystem wird hoch- gechlort um alle Bakterien abzutöten
  • SOPs (standard operating procedures) wurden erstellt und vorgestellt, dabei handelt es sich um Unterlagen, die erklären, wer was wo an zieht und auf was man aufpassen muss.
  • Ein Labor speziell für Ebola- Verdachtsfälle wurde gewonnen
  • Ebenso andere Organisationen, die im Notfall Ebola Patienten abholen und diese in Ebola Center (ETC) bringen.

Dazwischen habe ich geschlafen gegessen und ab und zu sogar Video geschaut.

Das Spital wird von uns auch weiter mit PPE (Schutzausrüstung) unterstützt und laufend geschult.

Wir sind hier in der Delegation des Internationalen Kommitees des Roten Kreuzes (IKRK) eine kleine HEALTH Abteilung:

  • 1 Chef
  • 2 Mitarbeiter (1 ein Kollege- männliche Hebamme und ich)
  • 1 Field Officer- ein Kollege aus Liberia, der auch als Trainer fungiert und die Projekte betreut.

Während die anderen ihre Projekte weiter entwickeln, war die Wiedereröffnung mein Projekt.

Mit dem Personal gemeinsam konnten wir alles auf Schiene bringen- es wird toll. Derzeit werden 2 kleinere Spitalsambulanzen im Umgang mit PPE trainiert. Sie sind bereits das ganze Jahr ohne Unterbrechung geöffnet und bisher sind sie von Ebola verschont geblieben. Durch unsere Unterstützung soll es auch so bleiben. Weitere drei sind geplant und wurden auch schon besucht.

Inzwischen scheint sich die Lage hier zu beruhigen. Es werden langsam weniger Fälle, wobei man speziell jetzt aufpassen muss. Wir sind noch weit von der Bewältigung entfernt und wenn man jetzt sorglos wird, kann die Fallzahl schnell wieder zunehmen. Es wird deshalb besser, weil die Richtlinien (Händewaschen, Vermeidung von Körperkontakt,..) greifen.

Auf jeden Fall versuchen jetzt immer mehr andere Organisationen unserem Beispiel zu folgen und wie das IKRK die medizinische Grundversorgung wieder herzustellen. Menschen werden weiterhin krank, Kinder werden geboren, Operationen müssen gemacht werden.

Es fehlt an Personal- in unserem Krankenhaus hat sich gerade die Anzahl der Arzte auf 5 insgesamt ERHÖHT, wobei der Chefarzt 72 Jahre altist.

Mit 8 Betten werden wir in 9 Tagen starten, danach langsam auf bis zu 20 Betten erhöhen. In weiterer Folge wird die Schwangerschaftsambulanz eröffnet- um ein HIV und Malaria Screening für die werdenden Mütter zu ermöglichen. Auf diese Weise wird wieder ein Stückchen Normalität in Monrovia einkehren und ich kann dem Land guten Gewissens den Rücken kehren.

Es ist für mich ein schöner Abschluss. Ein Jahr voller toter Menschen, voller Erkankung, voller ängstlicher Freunde und Familien, voller Medienpräsenz und vieler Erfahrungen geht damit langsam zu Ende. Sollte die Seuche unter Kontrolle gebracht werden, ist meine Hilfe nicht mehr von Nöten. Wenn nicht gibt es vielleicht ein Wiedersehen.

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